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Der Zusammenhang zwischen Künstlicher Intelligenz und Wasserverbrauch ist auf den ersten Blick nicht sofort zu erkennen. Wenn wir unsere digitalen Geräte wie Smartphones oder Laptops nutzen, ist im Hintergrund bei immer mehr Anwendungen eine Künstliche Intelligenz aktiv, die kontinuierlich Energie verbraucht. Jedoch wirken diese Geräte so sauber und nützlich, dass man kaum vermuten würde, dass sie durch ihren Ressourcenverbrauch der Umwelt Schaden zufügen.
Hinter dem Design stecken ausgeklügelte Marketingstrategien großer Konzerne: Wir sollen dazu animiert werden, die Geräte möglichst häufig zu nutzen und regelmäßig das neueste Modell zu kaufen. Doch die Produktion und der Einsatz technischer Hilfsmittel verursachen nicht nur erhebliche CO2-Emissionen, sondern verbrauchen auch große Mengen an Wasser und weiteren wertvollen Rohstoffen. Das elegante Erscheinungsbild der Geräte steht dabei im Widerspruch zu ihren ökologischen Auswirkungen.
Credits: Aus der Ausstellung „Thirsty Machines: AI on Tap“ – Kartierung von Wasserknappheit und Rechenzentren in einem 3D-Modell, Carla Streckwall
Forscher:innen der University of Illinois at Urbana-Champaign hielten 2024 drei zentrale Faktoren fest, durch die KI Wasser verbraucht:
Viele KI-Modelle sind auf Rechenzentren angewiesen, und diese nutzen Wasser zur Kühlung ihrer Server, was zu Verdunstung führt. Je nach Außentemperatur und Betriebsmodus verdunsten dabei zwischen 1 und 9 Litern Wasser pro Kilowattstunde (kWh) Stromverbrauch. Ein mittelgroßes Rechenzentrum, das etwa 24.000 kWh Strom pro Tag verbraucht, kann somit zwischen 24.000 und 216.000 Litern Wasser pro Tag verdunsten.
Rechenzentren verbrauchen Strom, der oft in Kraftwerken erzeugt wird, die ebenfalls Wasser verdunsten. Pro kWh erzeugtem Strom verdunsten dabei etwa 7,6 Liter Wasser. Ein Rechenzentrum, das 24.000 kWh pro Tag verbraucht, verursacht somit 182.400 Liter Wasserverbrauch pro Tag durch die Stromerzeugung.
Die Produktion von Mikrochips benötigt Wasser zur Kühlung der Maschinen und zur Reinigung der Bauteile. Um einen einzigen Chip herzustellen, werden etwa 8 bis 10 Liter Wasser verbraucht. Ein Smartphone enthält etwa 10 bis 20 Mikrochips, was einem Wasserverbrauch von etwa 90 bis 180 Liter für die Chipproduktion entspricht.
Die meisten Rechenzentren befinden sich derzeit in Regionen mit stabiler technischer Infrastruktur, wie Nordamerika (USA und Kanada), Europa (Irland, Deutschland, Skandinavien) und Asien (Singapur, Japan, China). Doch mit der wachsenden Nachfrage nach Cloud-Diensten werden zunehmend auch neue Rechenzentren in wirtschaftlich aufstrebenden Märkten gebaut. Diese befinden sich vor allem in afrikanischen Ländern (insbesondere Südafrika), in Indien und im Nahen Osten (z. B. VAE, Saudi-Arabien).
Forscher:innen der University of Amsterdam hielten 2024 fest, dass neuerdings sogar in Regionen mit Wassermangel wie der Sahelzone und Uruguay neue Rechenzentren entstehen. Ein Beispiel ist Googles geplantes Rechenzentrum in Uruguay, das voraussichtlich 7,6 Millionen Liter Wasser pro Tag verbrauchen wird, obwohl das Land gerade eine der schlimmsten Dürreperioden seit 74 Jahren erlebt hat.
Wasser ist der Ursprung allen Lebens und eine unverzichtbare Ressource für das Leben. Die zunehmende Wasserknappheit in vielen Regionen der Welt führt bereits heute zu sozialen und politischen Konflikten. In kriegerischen Auseinandersetzungen wird die Kontrolle über Wasserressourcen als strategisches Mittel genutzt. Die Verlagerung von Rechenzentren in wasserarme Regionen verstärkt diese Konflikte und stellt insbesondere die ärmsten Länder der Welt vor ein ernstes Dilemma: Sie müssen einen Balanceakt zwischen den wirtschaftlichen Vorteilen internationaler Investitionen und der zunehmenden Belastung ihrer ohnehin schon knappen Wasserressourcen vollziehen.
Große KI-Modelle wie GPT-3 und GPT-4 sind regelrechte „Wasserfresser“. Für ihr Training, z. B. die Verbesserung der Datensätze und die Mustererkennung, laufen moderne Rechenzentren auf Hochtouren und benötigen eine konstante Kühlung. Dafür sind enorme Wassermengen erforderlich: etwa 700.000 Liter täglich. Das entspricht dem Wasserbedarf von rund 10.000 Menschen an einem heißen Sommertag in gemäßigten Regionen. Diese gewaltigen Dimensionen bleiben häufig unbemerkt, obwohl sie eine erhebliche Umweltbelastung darstellen.
Ein weiterer Aspekt sind die sogenannten „Zombie-Server“. Dabei handelt es sich um Server, die nicht mehr aktiv genutzt werden, aber dennoch Energie verbrauchen. Sie entstehen beispielsweise durch veraltete Hard- oder Software oder durch Änderungen in den jeweiligen Geschäftsanforderungen. Der zusätzliche Energieverbrauch und die Kühlungsanforderungen dieser Server, die in Rechenzentren unnötig laufen, verschärfen den ohnehin schon hohen Wasserverbrauch, da diese inaktive Infrastruktur zusätzliche Ressourcen beansprucht, obwohl sie keine Daten verarbeitet. Viele Unternehmen versuchen aufgrund des unnötigen Energieverbrauchs, Zombie-Server zu identifizieren und abzuschalten.
Weltweit gibt es derzeit schätzungsweise fast 11.000 Rechenzentren, wobei die Vereinigten Staaten, Deutschland, Großbritannien und China die meisten Standorte verzeichnen. Der Markt für Rechenzentren wächst kontinuierlich. Prognosen zufolge wird der Umsatz im Rechenzentren-Markt bis 2025 etwa 412,3 Milliarden Euro erreichen, mit einer erwarteten jährlichen Wachstumsrate von 8,35 Prozent bis 2029.
Bis 2027 könnten KI-Anwendungen nach Schätzungen bis zu 6,6 Milliarden Kubikmeter Wasser im Jahr beanspruchen. Wenn diese Entwicklung ungebremst weitergeht, werden durch den steigenden Wasserverbrauch von KI in wasserarmen Regionen Konflikte zunehmen, wie Proteste gegen neue Rechenzentren in den USA bereits zeigen.
Wissenschaftler:innen der University of California haben veröffentlicht, dass GPT-3 beim Training über ein bis zwei Monate in Iowa etwa 4,88 Millionen Liter Wasser benötigte. Zum Vergleich: Diese Menge könnte den Tagesbedarf an Trinkwasser von rund 65.000 Menschen abdecken. Doch auch die Nutzung verbraucht Wasser – eine einzige Anfrage an GPT-3 rund 15 Milliliter. Mit einer Halbliter-Flasche Wasser sind demnach etwa 33 Anfragen möglich.
Ein einfaches Beispiel: Ein durchschnittlicher Haushalt in Deutschland verbraucht jährlich etwa 120.000 Liter Wasser – zum Duschen, Kochen, Waschen und für den Garten. Wenn wir bei den Google-Rechenzentren (nach eigener Angabe 23 Standorte) im Jahr 2022 weltweit von 21 Milliarden Litern Wasserverbrauch ausgehen, dann entspricht das dem jährlichen Wasserverbrauch von mehr als 166.000 Haushalten.
Frischwasser ist eine begrenzte Ressource, die weltweit immer knapper wird. Zwei Drittel der Weltbevölkerung haben mindestens einen Monat pro Jahr Probleme mit Wasserknappheit. Der zunehmende Wasserverbrauch durch KI-Anwendungen, von großen Sprachmodellen bis hin zu anderen datenintensiven Technologien, verschärft dieses Problem erheblich. Angesichts dieser Entwicklung wird deutlich: KI muss nicht nur ihren CO₂- und Energieverbrauch, sondern auch ihren Wasserfußabdruck reduzieren.
Wenn das von Rechenzentren zur Kühlung genutzte Wasser erwärmt zurück in Flüsse oder Meere geleitet wird, erhöht sich deren Wassertemperatur. Dies kann dramatische Auswirkungen auf die Ökosysteme haben, insbesondere in sensiblen Lebensräumen wie Korallenriffen. Korallen sind extrem temperaturempfindlich, schon geringe Temperaturerhöhungen können zu Korallenbleiche führen, einem Zustand, bei dem die Korallen ihre symbiotischen Algen verlieren und sterben. Auch andere Meeresorganismen wie Fische, Algen und Muscheln sind auf stabile Wassertemperaturen angewiesen. Eine Erwärmung des Wassers kann ihre Fortpflanzung, das Wachstum und das Überleben gefährden und zu einem Ungleichgewicht im marinen Ökosystem führen.
Der Bau von Rechenzentren in Küstennähe kann erhebliche Auswirkungen auf die natürlichen Lebensräume haben. Oft wird für den Bau wertvolles Land beansprucht, was zur Zerstörung von Küsten- und Flusslandschaften führt. Besonders in Küstenregionen, in denen Feuchtgebiete und Mangrovenwälder als Schutz für die Biodiversität dienen, kann der Bau von Rechenzentren zur Folge haben, dass diese Ökosysteme zerstört werden. Durch die Umnutzung von Land für Rechenzentren geht nicht nur Lebensraum verloren, sondern es kann auch zu einer Verwundbarkeit der Küstenregionen gegenüber extremen Wetterereignissen kommen. Die Auswirkungen auf die lokale Flora und Fauna sind oft irreversibel und führen zu einem Verlust an Biodiversität.
Tech-Giganten wie Google und Microsoft werben mit ambitionierten Zielen, wie einer „Water Positive“-Future bis 2030. Durch Maßnahmen wie zeitlich flexibles Training – also das Trainieren von KI-Modellen bei geringer Netzauslastung oder hoher Verfügbarkeit erneuerbarer Energien – sowie die Nutzung effizienterer Rechenzentren soll der Wasserverbrauch ihrer KI-Modelle gesenkt werden. Doch angesichts der enormen Ressourcenverschwendung stellt sich die Frage, ob dies ausreicht – oder ob nicht vielmehr der Betrieb großskalierter KI-Modelle an sich ein unlösbares Problem darstellt. Transparenz ist dabei unerlässlich: Unternehmen müssen dazu verpflichtet werden, den tatsächlichen Wasserverbrauch offenzulegen, um Verantwortung zu übernehmen und glaubwürdige Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu ermöglichen.
Der Wasseratlas 2025 der Heinrich-Böll-Stiftung weist darauf hin, dass die EU 2024 den AI Act verabschiedete – das weltweit erste Gesetz zur Regulierung von KI. Es schreibt Dokumentationspflichten für Energieverbrauch und Rechenressourcen beim Training von KI-Modellen vor, jedoch nicht für den Wasserverbrauch, da es nur KI-Produkte und nicht die technische Infrastruktur reguliert. Für Rechenzentren gelten durch die EU-Energieeffizienzrichtlinie Berichtspflichten zum Wasserverbrauch, was die Transparenz in Europa erhöht. Weltweit sind jedoch höhere Investitionen nötig, um den Wasserbedarf zu senken, z. B. durch alternative Kühlsysteme.
Auch in Deutschland sind die Folgen der Wasserknappheit zunehmend spürbar. Trotz hoher und steigender Niederschlagsmengen verliert Deutschland seit etwa 20 Jahren durchschnittlich 2,5 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr.
Die Hauptgründe dafür sind zum einen die durch den Klimawandel veränderten Niederschlagsmuster mit häufigeren Starkregenereignissen und längeren Trockenperioden. Zum anderen sind viele Flächen in Städten und auf Straßen stark versiegelt, sodass Regenwasser nicht in den Boden einsickern und gespeichert werden kann, sondern stattdessen in die Kanalisation abfließt.
Der steigende Einfluss moderner Technologien auf die Umwelt mag in vielen Regionen Deutschlands bisher kaum zu bemerken sein, doch als Nutzer:innen und Konsument:innen tragen wir durch unsere Konsumentscheidungen aktiv zu diesem Einfluss bei. In Großstädten wie Berlin sind wir direkt davon betroffen, wenn daraus eine potenzielle Wasserknappheit und in der Folge steigende Wasserpreise entstehen.
Auch unser persönlicher Energieverbrauch spielt in der Gesamtbetrachtung eine Rolle. Wer KI- und Cloud-Dienste regelmäßig nutzt, trägt somit direkt zum steigenden Ressourcenverbrauch bei. Daher ist es sinnvoll, den eigenen digitalen Fußabdruck kritisch zu hinterfragen und bewusst nachhaltigere Alternativen oder eine effizientere Nutzung in Betracht zu ziehen.
Als Konsument:innen haben wir jeden Tag die Möglichkeit, digitale Entscheidungen zu treffen, die nicht nur unser eigenes Leben, sondern auch die Welt um uns herum beeinflussen. Durch die Wahl nachhaltiger Produkte und die kritische Auseinandersetzung mit den Unternehmen, deren Dienste wir nutzen, können wir unseren ökologischen Fußabdruck verringern und dazu beitragen, dass Ressourcen wie Wasser und Energie effizienter genutzt werden.
Obwohl KI-Optimisten glauben, dass KI helfen kann, globale Wasserprobleme zu lösen, bleibt die zentrale Frage, ob der ökologische und soziale Nutzen von KI durch ihren enormen Wasserverbrauch relativiert wird. Es muss in die Öffentlichkeit dringen, dass KI-Modelle deutlich mehr Wasser verbrauchen als herkömmliche digitale Prozesse. Während eine Google-Suchanfrage nur 0,5 Milliliter Wasser benötigt, sind dies bei ChatGPT etwa 15 Milliliter. Oder anders ausgedrückt: Für den Wasserverbrauch einer ChatGPT-Anfrage kann Google 30-mal befragt werden.
Um Antworten auf Fragen zu finden, lassen sich viele andere Ressourcen nutzen, die weniger Wasser verbrauchen. Es ist wichtig, den Einsatz von KI in den Kontext der vorhandenen analogen Wissensressourcen und alternativen digitalen Lösungen zu stellen. Wann ist der Einsatz von KI wirklich sinnvoll, und wie kann sie nachhaltig und ressourcenschonend genutzt werden?
Alternativen zur ressourcenschonenden Wissensnutzung umfassen analoge Quellen wie Bücher, Bibliotheken oder den direkten Austausch mit Expert:innen. Digital lassen sich energieeffiziente Lösungen nutzen, etwa gezielte Suchmaschinenabfragen, Offline-Datenbanken oder optimierte Software. Nachhaltigere KI-Nutzung kann durch zeitlich flexibles Training, grüne Rechenzentren und bewusste Anwendung erfolgen. Auch dezentrale Ansätze wie lokale KI-Modelle oder Federated Learning, eine dezentrale Methode des maschinellen Lernens, reduzieren den Wasserverbrauch der Rechenzentren.
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